«Die Dinge beim Namen» ist ein Buch, das man nicht aus der Hand legt

Ich gehöre nicht zu den Autoren, die nur die eigenen Bücher lesen (das gibt es tatsächlich). Lesend stösst man immer wieder auf Überraschungen. Rebekka Salms Erstling gehört dazu. In einer reduzierten, feinfühligen Sprache zeichnet sie die Welt eines kleinen Schweizer Dorfs. Wie sie das macht, fasziniert. Sie lässt die Dorfbewohnerinnen und Bewohner sprechen, ihre Sicht auf sich und die anderen ausbreiten.

«Geld und Geschichten. Beides bedeutet Macht. Geld war im Dorf stets zu wenig vorhanden, also horteten sie Geschichten wie Schätze.»

Nach und nach verdichten sich die Geschichten zu einem Ganzen, verflechten sich miteinander – man beobachtet und kontrolliert sich argwöhnisch, heikle Dinge hüllt man in Schweigen. In der abgeschotteten Gesellschaft herrschen stumme Konventionen, Fremdem und Neuem wird mit Misstrauen begegnet, die Dorfgemeinschaft bemüht sich mit allen Mitteln, das Klischee des heilen Dorfs zu wahren. Aber in dieser aufgeräumt sauberen Welt lauern Abgründe. Der Nachhall eines Ereignisses aus dem Jahr 1984 tönt in vielen Geschichten nach. Man spricht nicht darüber, aber aus den Erzählungen eröffnet sich nach und nach, was damals passiert war. Alle sahen weg. Ein kollektives Versagen?  Vermeintlich. Auf den letzten Seiten wird das bisher Offensichtliche auf den Kopf gestellt.

 Knapp Verlag

ISBN 978-3-907334-00-3

Blog, LiteraturDavid Weber